VON WIEN NACH BUDAPEST
7 Tage Kulinarik, Kultur - und 303 KM Rudern
Das erste gemeinsame "Event" gab es zur Einstimmung auf die Donau-Wanderfahrt beim Heurigen, bei einem Winzer mit Weinkeller und Restaurant am Stadtrand von Wien. Frischer Weisswein, typische Wiener Spezialitäten vom Schnitzel bis zu den Nockerln - und die acht Seeclübler lernten ihren Chauffeur Rochus sowie Alois und Ernst vom Ruderclub Lia kennen.
Sagt man eigentlich "Seemannsgarn" oder "Ruderer-Latein", wenn Ruderer von ihren unglaublichen Abenteuern erzählen, je später der Abend, desto wilder...
1. Etappe: Klosterneuburg -> Orth a.d. Donau
Sonntagmittag ging es dann richtig los. Beim Ruderclub Normannen in Klosterneuburg lagerten die beiden C-Gigs der Lia`ner, mit denen wir bis Budapest rudern wollten. Die "Greifenstein", ein Doppelvierer mit Steuermann, sowie die "Bonn", ein Doppeldreier mit Steuermann. Nach Boot- und Rudercheck wird noch ein Wägeli mit eingepackt, das uns bei Umtrag-Aktionen helfen wird. Dann wassern wir bei herrlichstem Wetter ein. Los gehts, mit ruhigem Schlag gen Osten.
Eine gute Stunde später zum ersten Mal "nass" Auswassern. Kurz vor dem Kraftwerk Freudenau gehts raus an Land und wenige hundert Meter Umtragen (auf Rollen mit dem Wägeli), bis es hinter der Staumauer wieder aufs Wasser geht. Die Donau strömt hier eher flott vor sich hin, wir rudern einen gemütlichen 2:20er Schnitt auf 500 Meter. Gelegentlich stampft ein hunderte Tonnen schwerer Schubverband stromaufwärts an uns vorbei, oder es überholt uns eines dieser ultralangen Kreuzfahrtschiffe, kleinere Ausflugsdampfer gar nicht mit gezählt. Wellengang in allen Fällen gut zu meistern: Ruder ab, und warten.
2. Etappe: Orth a.d. Donau -> Bratislava
Heute steht ein Kultur-Tag bevor, neben dem Rudern natürlich. Zunächst bringt uns die Donau mit schwungvoller Strömung zum ersten Stopp des Tages nach Bad Deutsch-Altenburg. Wir drehen bei und rudern gegen den Strom in den kleinen Hafen der Viadonau, wo auch die Flusspolizei vor Anker liegt. Dort können wir die Boote sicher liegen lassen, während wir uns über die Mittagszeit CARNUNTUM anschauen. Vom 1. bis zum Beginn des 4. Jahrhunderts war dies die grösste Römerstadt weit und breit. Militärgarnison und reiche Provinzstadt, als Bollwerk an der Donau gegen die Germanen. Der Clou: ein Stadtviertel der Zivilstadt wurde realtiv authentisch wiederhergestellt, mit Villen und einem grossen Badehaus, kaltes und warmes Wasserbecken inklusive, gut gewärmt von der originalen Fussbodenheizung. Römische Badekultur halt.
Weiter gehts Richtung Slowakei. Unser Tagesziel heute: die Hauptstadt Bratislava. Wir legen am örtlichen Ruderclub an - bei ziemlich starker Strömung, direkt gegenüber der Burg.
Nach kurzem Boxenstopp im Hotel gehts zu Fuss rauf zur Burg, wo uns schon die Stadtführerin erwartet. Selbst ein kurzer Gewitterschauer trübt ihre Stimmung nicht. Mit Begeisterung und grosser Sachkenntnis erzählt sie uns von den stolzen Slowaken - vom Mittelalter bis heute. Eine wechselvolle Geschichte, die auch heute noch nicht wirklich in ruhigen Bahnen angekommen ist.
Nach so viel Kultur-Input braucht es dann auch flüssigen Input. Eine Brauerei liegt "zufällig" auf unserem Weg durch die Altstadt. Derart gestärkt können wir noch weitere Kulturinfos aufnehmen, bevor es dann zum verdienten Dinner geht: slowakische Küche pur.
3. Etappe: Bratislava -> Gabčikovo
Mittlerweile sind wir schon fast Profis auf dem Fluss. Das Einwassern bei starker Strömung - mit links. Das Rudern auch bei höherem Wellengang - kein Problem. 😎
Der Mittagsstopp heute bietet erneut Kultur - fürs Auge oder für den Magen. Während die Hälfte der Gruppe am Danubia-Damm in ein gemütliches Fischrestaurant geht, wandert die andere durch die Meulensteen-Kunstausstellung. Bunt, grossformatig, modern - und zufällig auch noch eine BMW-Extra-Ausstellung. So ist quasi für jeden etwas dabei und alle packen danach gestärkt an, um die Boote umzutragen, weg vom Donau-Kanal, der hier beginnt, und rein in die eigentliche Donau, die ab hier unbehelligt von der Berufsschifffahrt durch grüne Auenwälder fliesst. Das Lauteste, was neben unserem Ruderschlag zu hören ist, sind der Kuckuck und andere Vögel, sowie gelegentlich das Rauschen von Stromschnellen. Eine davon versperrt uns nach knapp einer Stunde den Weg. Routiniert wassern wir aus, tragen um, wassern ein - weiter gehts.
Tagesziel ist ein verschlafener Weiler mit beiwirtschaftetem Café direkt am Ufer, auf der Höhe des Kraftwerks von Gabcikovo. Unser Gepäckfahrer Rochus wartet schon. Und das kühle Bier entschädigt für die rund 50 km lange Etappe. Das Abendessen im Blockhaus-Dorf putzen wir weg wie nichts. 😉
4. Etappe: Gabčikovo -> Komárno
Das Shuttlen zu den Booten klappt wie am Schnürchen. Wir sind mittlweile ein eingespieltes Team. Und heute steht vor allem Rudern im Mittelpunkt. Zuerst weiter die "alte" Donau runter, dann - nach ca. 10 km - biegen wir wieder auf die Schifffahrtsstrasse ein. Die Strömung schiebt uns immer noch recht vorwärts, wir machen gut Kilometer 😂.
Auch wenn bereits seit dem Vortag die Donau die Grenze bildet zwischen der Slowakei und Ungarn, betreten wir bei der heutigen Mittagspause in Gönyü zum ersten Mal auf dieser Wanderfahrt nun auch ungarischen Boden. Der sichtbare Unterschied: wir bezahlen nicht mehr in Euro sondern in Forint.
Weiter gehts auf der Grenzlinie, die irgendwo in der Flussmitte verläuft. Das Wetter trübt etwas ein, es kommt stärkerer Wind auf, der uns aber meistenteils anschiebt. Der Wellengang bleibt "beherrschbar". Dann kommt Komárno in Sicht, eine von der Donau geteilte Stadt. Nach dem Hafen biegen wir in die Waag ein und rudern diesen Nebenfluss gut drei Kilometer hinauf, bis wir eine passende Ausstiegsstelle ausgemacht haben.
Nach fast 60 Ruderkilomtern steht abends dann die Kulinarik gross auf dem Programm, im - gemäss Eigenwerbung - "best restaurant in town". Unser Gourmet-Urteil: kann sich sehen lassen!
5. Etappe: Komárno -> Esztergom
Die Wetter-App zeigt für heute kräftige Windböen an, zwischendurch könnte es auch regnen. Also dann. Bis mittags haben wir Glück, die Donau lässt sich gut befahren, die Strömung erlaubt 10 bis 12 Stundenkilometer, wir kommen flott voran. Das Auswassern mittags am Kiesstrand klappt perfekt, und die Gerichte in der Gastwirtschaft am Strand stärken uns für die Weiterfahrt. Ok, kurz vor dem Ziel erwischt uns dann doch noch eine Regenwolke. Beim Anlagen am slowakischen Kajakclub in Esztergom hat sich der Schauer aber schon wieder verzogen.
Unser Gepäcktransporter ist schon zur Stelle. Und die spektakuläre Aussicht über die Donau hinweg auf die Kathedrale oberhalb der Altstadt lässt schnell die Anstrengungen des Rudertages vergessen. Die Clubmanagerin Beata sperrt uns noch den Schuppen auf, damit wir zumindest die Ruder sicher lagern können, man weiss ja nie. Dann gehts hinüber auf die ungarische Seite.
Das kulinarische Hightlight des Tages folgt abends: Apéro mit Wine-Tasting, dicht gefolgt vom Dinner à la Carte - und das alles in den Gewölben, besser: den spektakulären Katakomben direkt unterhalb der Kathedrale. Eine beeindruckende Location!
6. Etappe: Esztergom -> Leányfalu
Strahlend blauer Himmel und praktisch kein Wind - der neue Rudertag beginnt perfekt. Geübt wassern wir ein und legen uns in die Ruder. Die Donau wird kurviger. Und bei gleichbleibend angenehmer Strömung frischt der Wind langsam auf. Meistens schiebt er uns gut voran. Der Schiffsverkehr nimmt leicht zu. Und während links und rechts die bewaldeten Hügel etwas höher werden, sind heute deutlich mehr Häuser zu sehen. Kleine Dörfer mit Zwiebelturm-Kirchen wechseln sich ab mit ausgedehnten Industrieanlagen. Die Schilder an beiden Ufern zeigen ab und zu an, dass Wasserski und Motorbootfahren erlaubt sind, weisen auf Ankerplätze hin und zählen die Kilometer kontinuierlich runter - bis zur Donau-Mündung ins Schwarze Meer. Wir waren bei KM 1.937 gestartet, heute machen wir bei KM 1.696 Pause.
Der Ort heisst Visegrád, hat eine Fähre und ist berühmt wegen seiner stattlichen Burg, die hoch über der Stadt die Donau weithin überblickt. Bevor es zum Lunch im Restaurant "Schachtel" am Fähranleger geht, shutteln wir nach oben und besichtigen Burg und Berg und geniessen die fantastische Aussicht. Der Wind dort oben weht frisch und stark. Das merken wir auch bei der Weiterfahrt, bis wir nach wenigen Kilomtern die Hauptfahrrinne verlassen und in einen Altarm der Donau einbiegen. Plötzlich ist von den Böen kaum mehr was zu spüren. Im Gegenteil, ein Segel würde jetzt helfen :-))
Geräuschlos schlängelt sich die Donau durch eine tiefgrüne Auenlandschaft. Von den Dörfern links und rechts, die auf der Landkarte verzeichnet sind, sehen vom Boot aus kaum etwas. Abseits der Schifffahrtsstrasse gibt es hier praktisch keinen Bootsverkehr, wir gleiten ruhig flussabwärts.
Punktgenau dann die Landung an einem Trampelpfad, der in den Ort Leányfalu führt. Und weil wir auf dem Weg zum nahen Hotel quasi über einen Spezial-Bier-Shop stolpern - nur Biere aus Bayern (!) - sehen wir uns regelrecht gezwungen, noch einen kleinen Stopp einzulegen. Wie sich kurz darauf herausstellt, war diese "Stärkung" auch nötig, denn unser Hotel trägt das Wort "stairs" in seinem Namen nicht nur aus Marketing-Gründen. Der Hang, an dem es oben liegt, ist immerhin so steil, dass unser Shuttle es nicht wagt, raufzufahren.
Beim Dinner im nahen Künstlerdorf Szentendere lassen wir die Highlights des Tages noch mal passieren - und freuen uns auf die letzte Etappe!
7. und letzte Etappe: Leányfalu -> Budapest
Glattes Wasser, soweit das Auge reicht und angenehme 20 Grad. Der letzte Tag unserer Wanderfahrt beginnt perfekt. Mit gemütlichem, rythmischem Schlag gleiten wir an Szentendere vorbei Richtung ungarischer Hauptstadt. Uns kommen mehr und mehr Kajak- und Kanu-Paddler entgegen. Junge Sportler:innen treiben mit konzentriertem Einsatz Einer- und Zweier-Kanadier an uns vorbei flussaufwärts. Gelgentlich kreuzt ein hisorisches Holz-Skiff und wir sichten einige fast nostalgisch anmutende Doppelzweier. Es ist eindeutig: dieser Samstagmorgen gehört hier dem Wassersport! Villen und Wochenendhäuser ziehen an uns vorbei, um Ufer der Donau scheint sich gut leben zu lassen. Gleichwohl deuten die in der Regel auf bis zu 3 Meter hohen Stelzen errichteten Häuschen darauf hin, dass der Fluss sehr wohl sehr weit über seine Ufer treten kann. Das letzte Mal im September 2024. Die Höchtsmarken haben wir an etlichen Gebäuden gesehen.
Beim Külker Rowing Club landen wir einen letztes Mal vor Budapest an, vertreten uns die Füsse, bevor es zurück aufs Wasser geht zur letzten Teiletappe. Schon bald kommt die Margreteninsel in Sicht. Schiffsverkehr und Wellengang nehmen gleichermassen zu. Die Strömung schiebt - und wir "schaukeln" an der Altstadt vorbei. Kurzer - obligatorischer - Fotostopp direkt vor dem imposanten Parlamentsgebäude, das am östlichen Ufer (Pest) das Stadtpanorama bestimmt. Auf der anderen Seite (Buda) thront oben auf dem Hügel die Fischerbastei, weiter südlich das Burgviertel und der Regierungspalast. Unter der berühmten "Kettenbrücke" und zig weiteren Brücken hindurch erreichen wir bald nicht nur wieder ruhigeres Wasser, sondern auch eine kleine Bucht gegenüber des imposanten, modernen Leichtsathletikstadions, wo uns bereits Alois zum Auswassern erwartet.
Das geht dann ganz schnell. Und alle packen mit an, die beiden Boote direkt auf den Trailer des RC Lia zu wuchten und dort zu fixieren. Das wars. - Wirklich? Aber nein: der Abschluss unserer Wanderfahrt - immerhin sage und schreibe 303 Kilometer lang - musste erstmal standesgemäss gefeiert werden: mit einem "spontanen" Apéro im Park nebenan, den Rochus besorgt und aufgebaut hatte.
Und während unsere Boote bereits schon wieder zu ihrem nächsten Einsatz unterwegs sind, feiert die Rudermannschaft nebst Chauffeur die Leistung und die Erlebnisse der vergangenen 7 Tage ganz ungarisch im "Paprikahaus". Was will man mehr 😎
Bleibt nur noch die Frage: wohin geht die Wanderfahrt 2026?